Änderungen im TzBfG: Nur noch verhältnismäßige Probezeiten zulässig

26.07.2022
Arbeitsrecht
3 Minuten

Der gesetzgeberische Reformeifer, befeuert durch ablaufende Fristen für die Umsetzung europäischer Rechtsakte in nationales Recht, reißt nicht ab und beschert Arbeitgebern neben den inzwischen landauf, landab diskutierten Änderungen am Nachweisgesetz nun auch eine weitere nicht unwesentliche Änderung im Befristungsrecht. Diese Änderung wirft die Frage auf, wie künftig im Rahmen von befristeten Arbeitsverträgen Probezeiten rechtssicher vereinbart werden können.

Was ist der Hintergrund der Neuregelung?

Im Zuge der Umsetzung der EU–Richtlinie 2019/1152, besser bekannt als „Arbeitsbedingungenrichtlinie“, in deutsches Recht zum 1. August 2022 wurde neben den bereits thematisierten Änderungen am Nachweisgesetz, die weiterhin Arbeitgeber in Deutschland beschäftigt hält (siehe hierzu unseren Blogbeitrag vom 15. Juni 2022), auch das Befristungsrecht an einer wichtigen Stelle neu gefasst: Nach der beschlossenen Neuregelung des § 15 Abs. 3 TzBfG muss nämlich die in Arbeitsverhältnissen vereinbarte Probezeit „im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen“.

Was ändert sich?

Bisher war es Standard, in befristeten Arbeitsverträgen unabhängig von der Befristungsdauer eine normale Probezeit von 6 Monaten zu vereinbaren. Während dieser Probezeit – höchstens für sechs Monate – besteht für beide Parteien das Recht, das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen ordentlich zu kündigen, vgl. § 622 Abs. 3 BGB. Nach der Probezeit verlängert sich die gesetzliche Kündigungsfrist zunächst auf vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats. Hier verschärft der Gesetzgeber durch die Neufassung von § 15 Abs. 3 TzBfG die Anforderungen im Befristungsrecht: Danach können Probezeiten künftig nämlich nicht mehr pauschal vereinbart werden, sondern müssen sich an der Dauer der Befristung sowie der Art der Tätigkeit orientieren. Eine vereinbarte Probezeitregelung, die diesen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht achtet, ist unwirksam. Dies führt dazu, dass die verkürzte Kündigungsfrist von § 622 Abs. 3 BGB nicht greift. Das wiederum kann schlimmstenfalls dazu führen, dass überhaupt kein ordentliches Kündigungsrecht vereinbart worden ist, weshalb nur eine außerordentliche Kündigung als Mittel zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses bleibt.

Welche Kündigungsfrist ist zukünftig zulässig?

Hier lässt der Gesetzgeber mehr Fragen offen als er beantwortet, da lediglich festgehalten wird, dass die Kündigungsfrist im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen muss. Eine pauschale Festlegung auf einen anzuwendenden Maßstab verbietet sich nach unserer Auffassung daher. Es bleibt – bis erste Rechtsprechung Anhaltspunkte für eine Verhältnismäßigkeitsprüfung liefert – bei einer Einzelfallabwägung. Es lässt sich jedoch bereits jetzt ein erster Orientierungspunkt erkennen: Angesichts des Umstands, dass § 622 Abs. 3 BGB auf befristete wie unbefristete Arbeitsverhältnisse Anwendung findet, dürfte sich die Ausschöpfung der dort niedergelegten sechsmonatigen Probezeit für befristete Arbeitsverhältnisse – unabhängig von der Dauer der Befristung – jedenfalls für die häufig vorkommenden Befristungen bis zu zwei Jahren verbieten. Noch unklarer ist, inwieweit sich die „Art der Tätigkeit“ auf die Verhältnismäßigkeit der Probezeit auswirkt. Der europäische Gesetzgeber hat die Verantwortung für die Ausgestaltung hierfür auf den nationalen Gesetzgeber übertragen, der sich jedoch dazu ausschweigt. Insoweit dürfte hier eine entsprechende Rechtsprechung abzuwarten sein, um Anhaltspunkte zu erhalten, wie mit diesem Erfordernis umzugehen ist. Entscheidend dürfte sein, ob nach der Art der Tätigkeit eine Erprobung besonders wichtig erscheint.

Kündigungsschutz weiter erst nach sechs Monaten

Auch wenn in Zukunft häufig nur noch Probezeiten von weniger als sechs Monaten zulässig sein werden, greift der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz weiterhin erst nach sechs Monaten.

Die gesetzliche Änderung hat keine Auswirkung auf die sechsmonatige Wartezeit (häufig als fälschlich als Probezeit betitelt) für den Kündigungsschutz aus § 1 Abs. 1 KSchG; insoweit besteht weiterhin der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz erst nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses. Wichtig dabei: In befristeten Arbeitsverhältnissen ist eine ordentliche Kündigung vor Befristungsende nur dann möglich, wenn dies ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbart wurde.

Fazit

Der Trend, Arbeitgebern die Risiken eines mit heißer Nadel in nationales Recht umgesetzten europäischen Rechtsakts aufzubürden, setzt sich leider im Befristungsrecht fort. Arbeitgeber sind gut beraten, wenn sie bei Abschluss befristeter Arbeitsverträge nach dem 1. August 2022 eine moderate Probezeitvereinbarung treffen, die sich jedenfalls unterhalb der Sechsmonatsgrenze des bewegt. Im Zweifel sollte hier anwaltlicher Rat eingeholt werden. Daneben sollte der Arbeitsvertrag unbedingt eine Möglichkeit zur ordentlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses beinhalten.

Foto: IMAGO / Steinach

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