Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit drei Beschlüssen vom 10.01.2024, veröffentlicht am 13.06.2024 (XI R 11/23; XI R 13/23; XI R 14/23), im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens die Frage vorgelegt, ob das national geregelte Aufteilungsgebot für Beherbergungsleistungen gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG unionsrechtskonform ist.
Der § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG statuiert ein Aufteilungsgebot für Beherbergungsleistungen. Hiernach unterliegen nur Übernachtungsleistungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG dem ermäßigten Steuersatz von 7%, während für Nebenleistungen, die nicht unmittelbar der Beherbergung dienen, der Regelsteuersatz von 19% gilt. Dies führt dazu, dass beispielweise Verköstigungsleistungen (z. B. das Frühstück) zu 19% USt in Rechnung gestellt werden müssen, während die Bereitstellung des Zimmers selbst zu 7% USt versteuert wird.
Der BFH zweifelte in der Vergangenheit (u. a. Urt. v. 01.03.2016, XI R 11/14) nicht an der unionsrechtskonformität dieses gesetzlich verankerten Aufteilungsgebots, sodass eine Anwendung von unterschiedlichen Steuersätzen bei Haupt- und Nebenleistung möglich und für den Steuerpflichtigen – de facto – zwingend war.
Aufgrund neuerer europäischer Rechtsprechung zur (Nicht-)Aufteilung von einheitlichen Leistungen (u. a. Urt. v. 18.01.2018, Stadion Amsterdam CV, C-463/16), kann der Senat des BFH an seiner bisherigen Auffassung nicht ohne Weiteres festhalten. Dem EuGH folgend darf eine einheitliche Leistung nämlich nicht in der Weise aufgeteilt werden, dass sowohl der Regelsteuersatz einerseits als auch der ermäßigte Steuersatz anderseits Anwendung finden. Insoweit befassen sich die an den EuGH gestellten Fragen nun insbesondere damit, ob das nationale Aufteilungsgebot mit dem Unionsrecht vereinbar ist.
In den nun vom BFH vorgelegten Fällen boten die klagenden Hotels zusätzlich zur Übernachtung weitere Leistungen (Parkplätze, Führstück, Spa) kostenfrei an, ordneten diese als unselbstständige Nebenleistungen zur Übernachtung ein und unterwarfen sie insgesamt dem ermäßigten Steuersatz. Die zuständigen Finanzämter erachteten die jeweiligen Zusatzlangebote jedoch als selbständige Leistungen, die mit 19% zu versteuern seien. Erstinstanzliche Klagen blieben ohne Erfolg.
Mit diesen Vorlagen an das höchste europäische Gericht soll der seit dem EuGH-Urteil im Jahr 2018 vorherrschenden Rechtsunsicherheit ein Ende gesetzt werden. Auch gemeinnützige Einrichtungen mit Beherbergungsbetrieben könnten von einer Kassation des Aufteilungsgebots profitieren. Um insoweit eine etwaige Verjährung von Altjahren zu hemmen, sollten (potenziell) betroffene Non-Profit-Organisationen die Thematik bis spätestens zum Ende dieses Jahres mit ihrer steuerlichen Vertretung besprochen haben.
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