Heimfallanspruch einer Gemeinde gegenüber einem gemeinnützigen Verein

29.04.2024
Gemeinnützigkeit
2 Minuten

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 19.01.2024 (V ZR 191/22) entschieden, dass der Ausschluss einer Heimfallvergütung rechtmäßig sein kann, wenn diese wirksam vertraglich ausgeschlossen wurde und der Erbbauberechtigte gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen hat.

Ein Erbbaubaurechtsvertrag räumt einem Berechtigten die Nutzung eines Grundstücks über einen längeren Zeitraum ein. Unter bestimmten Umständen tritt bereits vor Zeitablauf der Heimfall, also der Rückfall des Grundstücks an den Eigentümer, ein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Erbbauberechtigte gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen hat. Wenn der Grundstückseigentümer von seinem Heimfallanspruch Gebrauch macht, ist regelmäßig eine Heimfallvergütung vom Grundstückseigentümer an den Erbbauberechtigten gemäß § 32 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG zu leisten.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Stadt in Baden-Württemberg, der Beklagte ein gemeinnütziger Verein, dessen Zweck darin besteht, Menschen islamischen Glaubens soziale, kulturelle und religiöse Dienste anzubieten. Die Parteien schlossen 2014 eine als Erbbaurechtsvertrag bezeichnete Vereinbarung, die vorsah, dass der Kläger dem Beklagten ein Grundstück für bis zu 90 Jahre überlässt. Der Vertrag sah außerdem ein Kaufrecht vor. Allerdings wurde vereinbart, dass im Falle der nicht fristgerechten Erfüllung der Bauverpflichtung ein Wiederkaufsrecht der Stadt besteht. Der Vertrag erging mit der Auflage, dass eine Moschee und ein Kulturzentrum erbaut werden sollten. Kurz nach der Annahme des Kaufangebots im Jahre 2018 machte die Stadt von ihrem Heimfallrecht gebrauch, da bis zu diesem Zeitpunkt der erste Bauabschnitt immer noch nicht fertiggestellt worden war. Die Revision des Beklagten beim Oberlandesgericht blieb ohne Erfolg. Zu Recht, wie der BGH nun entschied.

Entscheidung des Gerichts

Nach Ansicht des BGH verstoße die dem Beklagten auferlegte und durch den Heimfall sanktionierte Pflicht, das Grundstück innerhalb von vier Jahren mit einer Moschee und einem Kulturhaus zu bebauen, nicht gegen das Gebot angemessener Vertragsgestaltung. Ziel der Stadt sei es gewesen, ihren muslimischen Bürgern die Ausübung ihres Glaubens in einer Moschee zu ermöglichen, was es rechtfertigen würde, dass die Bestellung des Erbbaurechts davon abhängig sei, dass tatsächlich innerhalb eines bestimmten Zeitraums ein solcher Bau errichtet wird. Zur Rechtmäßigkeit trage auch bei, dass der Beklagte Verein einen Anspruch auf Verlängerung der Bebauungsfrist gehabt habe.

Darüber hinaus verstoße auch der Ausschluss einer Heimfallvergütung nicht gegen das Gebot angemessener Vertragsgestaltung. Ein solcher Ausschluss sei zumindest individualvertraglich möglich. Dies sei auch insoweit sachgerecht, als dass der Erbbauberechtigte regelmäßig durch eigenes Handeln beeinflussen könne, ob der Heimfall eintrete.

Dennoch sei die Stadt bei der Ausübung ihrer vertraglichen Rechte an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden. Der Heimfall dürfe im Ergebnis nicht dazu führen, dass der private Erbbauberechtigte für seinen Verstoß gegen vertragliche Pflichten übermäßig sanktioniert wird, sodass eine solche Sanktion eine unangemessene Vertragsstrafe darstellen würde. Insbesondere dann, wenn das Bauwerk weitestgehend fertiggestellt sei und erhebliche Investitionen getätigt worden sind, müsse ein finanzieller Ausgleich geleistet werden. Ein solcher Ausgleich sei jedoch vorliegend vertraglich vereinbart worden, dieser bestehe aus der Rückzahlung des Kaufpreises und des Werts der Verwendungen auf den Kaufgegenstand. Diese Regelung sei nach Ansicht des BGH auch vertretbar und nicht rechtsfehlerhaft. Somit sei die Ausübung des Heimfalls insgesamt rechtmäßig gewesen.

Aussicht

Der BGH stellt in diesem Urteil wesentliche Grundsätze zum wirksamen Ausschluss einer Heimfallvergütung dar. Demnach unterliege der Ausschluss einer strengen Verhältnismäßigkeitskontrolle. Hierbei müsse insbesondere beachtet werden, ob entsprechende Ausgleichszahlungen für den Heimfall vereinbart worden sind. Hierdurch soll verhindert werden, dass der Erbbauberechtigte, der eine Pflicht aus dem Vertrag verletzt hat, nicht übermäßig und insolvenzdrohend sanktioniert wird.

Bildnachweis:RonFullHD/Stock-Fotografie-ID:1319538817

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