OLG Naumburg zur Abberufbarkeit eines Vorstandsmitglieds

26.11.2024
Gemeinnützigkeit
3 Minuten

Das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg hat mit Urteil vom 26.10.2023 (Az. 4 U 11/23) entschieden, dass die Abberufung eines Vorstandsmitglieds mit fester Amtszeit auch vor deren Ende möglich ist. Dies soll ohne weitergehende Satzungsregelung allerdings nur dann gelten, wenn ein wichtiger Grund zur Abberufung vorliegt.

Sachverhalt

Der Kläger war der 2. Vorsitzende des beklagten Tierschutzvereins. Beide Parteien stritten über die Wirksamkeit eines Beschlusses der außerordentlichen Mitgliederversammlung des Beklagten vom 22.10.2022, mit dem der Kläger von seinem Amt als 2. Vorsitzender abberufen wurde. Der Kläger beantragte, die Feststellung der Nichtigkeit dieses Beschlusses und begehrte einstweiligen Rechtsschutz, um bis zur Klärung der Hauptsache weiterhin als 2. Vorsitzender agieren zu können.

Nach § 27 Abs. 2 BGB ist die Bestellung eines Vereinsvorstands grundsätzlich frei widerrufbar, es sei denn, die Satzung regelt diese Frage abweichend. In der Satzung des Beklagten war eine solche Einschränkung der Widerrufbarkeit nicht enthalten. Dennoch machte der Kläger geltend, dass eine Amtsenthebung ohne das Vorliegen eines wichtigen Grundes unzulässig sei, da er für eine bestimmte Amtszeit gewählt worden war.

Ein wichtiger Grund für die Abberufung eines Vorstandsmitglieds liegt vor, wenn dem Verein eine Fortsetzung der Zusammenarbeit bis zum Ende der Amtszeit unzumutbar ist. Der Kläger argumentierte, dass es keine gravierenden Vorwürfe gegen ihn gegeben habe und die Abberufung daher rechtswidrig sei. Zudem führte er an, die Einladung zur Mitgliederversammlung sei nicht ordnungsgemäß erfolgt und habe ihm keine ausreichende Möglichkeit gegeben, sich auf die Vorwürfe vorzubereiten.

Das Landgericht (LG) Halle entschied in erster Instanz zu Gunsten des Beklagten. In seiner Berufung wendet sich der Kläger nun vor dem OLG gegen das erstinstanzliche Urteil.

Entscheidung des Gerichts

Das OLG Naumburg entschied, dass die Berufung des Klägers keinen Erfolg habe und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu Recht abgewiesen worden war. Weder ein Verfügungsanspruch noch ein Verfügungsgrund im Sinne der §§ 935, 940 ZPO lagen vor.

Das Gericht stellte fest, dass der Beschluss der außerordentlichen Mitgliederversammlung vom 22.10.2022, mit dem der Kläger als 2. Vorsitzender abberufen wurde, wirksam war. Die Abberufung eines Vorstandsmitglieds, unabhängig von der Laufzeit seines Amtes, solle immer dann möglich sein, wenn ein wichtiger Grund vorliege. Zwar dürfe ein Vorstandsmitglied grundsätzlich darauf vertrauen, dass es seine Amtszeit bestreite, allerdings nur dann, wenn kein wichtiger Grund zur Abberufung vorliege. Ein wichtiger Grund bestehe insbesondere dann, wenn die Fortsetzung des Organverhältnisses für den Verein unzumutbar sei. Dies sei hier der Fall, da das Verhältnis des Klägers zu den übrigen Vorstandsmitgliedern massiv zerrüttet war, was eine konstruktive Zusammenarbeit unmöglich machen würde. Das Gericht betonte, dass es auf die konkreten Ursachen der Zerrüttung nicht entscheidend ankomme.

Ergänzend stellte das Gericht klar, dass obwohl die Einladung zur Versammlung formale Mängel aufwies, diese durch die persönliche Anwesenheit des Klägers und dessen Mitwirkung geheilt würden. Der Kläger war über die Tagesordnung, einschließlich seiner geplanten Abberufung, rechtzeitig informiert und konnte sich darauf vorbereiten. Mithin sei er bereits durch die letzte Vorstandssitzung vor der Mitgliederversammlung über die Tagesordnung informiert gewesen. Es sei daher unerheblich, dass die Einladung nicht den satzungsmäßigen Anforderungen entsprach.

Das Gericht verwies abschließend darauf, dass die Nichtigkeit von Beschlüssen der Mitgliederversammlung grundsätzlich im Wege der Feststellungsklage nach § 256 ZPO geltend zu machen sei. Im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens sei dies nicht möglich, da eine solche Entscheidung die Hauptsache vorwegnehmen würde. Die Berufung des Klägers im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes habe daher insgesamt keine Aussicht auf Erfolg.

Bewertung

Das Urteil des OLG lässt aufhorchen. So liest sich die Entscheidung, dass bei fester Amtszeit eines Vorstandsmitglieds nur dann eine vorzeitige Abberufung erfolgen darf, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Dies soll aus Vertrauensschutzgründen auch dann gelten, wenn keine entsprechende Satzungsregelung vorliegt. Mit diesem Urteil spricht sich das Gericht gegen den eindeutigen Wortlaut von § 27 Abs. 2 BGB aus. Hiernach soll die Bestellung eines Vorstands ohne gegenteilige Satzungsregelung jederzeit widerruflich sein. Leider bietet das OLG in seinem Urteil keine Argumentationsgrundlage, wie es zu der eindeutig vom Gesetz abweichenden Rechtsauffassung kommt. Es bleibt daher abzuwarten, ob in einem ähnlich gelagerten Fall wieder so entschieden wird.

Bildnachweis:Andrii Yalanskyi/Stock-Fotografie-ID:1130070808

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